Was den Softwareriesen SAP derzeit bewegt, erklärt Österreich-Chef Rudi Richter im Gespräch.

Foto: SAP SAP Österreich: Rudi Richter übernahm im Jänner die Rolle des Geschäftsführers von Klaus Sickinger it&t business: Herr Richter, Sie haben zu Jahresbeginn die Leitung von SAP Österreich übernommen. Welche Themen stehen zurzeit im Fokus?
Richter: Große Priorität hat aktuell die Umstellung auf S4/HANA. Viele Umstiegsprojekte bei unseren Kunden sind bereits live bzw. in konkreter Planung. Wir rechnen damit, dass 2018/19 der Höhepunkt der Umstellung auf die Echtzeitplattform stattfindet.
Ein weiteres Thema ist die Cloud. Im Vergleich zu etwa den nordischen Ländern war Österreich hier bisher kein Vorreiter, aktuell geht das Thema jedoch durch die Decke. Die Skepsis in puncto Cloud ist passé, gut 80 Prozent unserer Kunden betreiben zumindest Teile ihres SAP-Setups in der Cloud.
Damit zusammenhängend sehe ich großes Potential für unser KMU-Geschäft. Noch in diesem Jahr ist die Public Cloud Edition von S4/HANA in Österreich verfügbar. Damit machen wir Kunden ein Angebot, die sich bisher kein großes ERP mit Customizing leisten konnten. Mit der Cloud Edition bekommen diese Tools an die Hand, die sonst den Big Playern vorbehalten sind.
Wie steht es in den österreichischen Betrieben um die Digitalisierung?
Aus meiner Sicht gibt es auch hier Nachholbedarf. Ein wichtiger Punkt ist, dass auch das klassische B2B-Geschäft immer häufiger B2C-Züge annimmt: ich habe nicht mehr eine Order für 200.000 Stück, sondern 200.000 Bestellungen für Kleinmengen. Das bedeutet eine ungleich höhere Transaktionsdichte, die „normale“ ERP-Systeme in die Knie zwingen würden. Genau hier kommen Echtzeitplattformen wie HANA ins Spiel, die die Voraussetzung für die Digitalisierung der Geschäftsprozesse schaffen.
An welchen Herausforderungen arbeitet SAP aktuell konkret?
Machine Learning ist derzeit ein großes Thema. Die Generation, die in fünf bis zehn Jahren auf den Arbeitsmarkt kommt, ist es gewohnt, auf natürliche Weise mit Maschinen zu kommunizieren. SAP arbeitet daran, die Intelligenz der Systeme zu steigern und natürliche, das heißt sprachbasierte Schnittstellen zum Menschen zu schaffen – quasi ein SAP-Systems, mit dem man reden kann.
Wird es On-premise Software künftig noch geben?
Ein klares Ja, diese Lösungen wird es noch lange geben. Einerseits gibt es Bereiche, in denen Cloud-Lösungen auf Sicht schwierig bleiben werden, etwa im öffentlichen Bereich oder in der Produktion. Andererseits geht der Trend zu Hybrid-Landschafen, bei denen Unternehmen zwar Teile in die Wolke auslagern, andere Parts aber weiterhin in-House betreiben wollen.
SAP-Systeme sind traditionell stark individualisiert. Ist Customizing in der (Public) Cloud weiterhin möglich?
Bis zu einem gewissen Grad sicher. Die Frage ist aber auch: Wieviel muss man tun? Machbar ist vieles, aber unsere Industrielösungen bringen im Standard alles mit, was in den jeweiligen Branchen Best-Practice ist. Da steckt eine Riesenmenge Know-how drin – man muss sich überlegen, ob starkes Customizing nicht auch negative Effekte hat.
Die Cloud-Strategie der SAP hat Implikationen für ihre Partner.
Definitiv. Viele unserer Partner sind klassische Berater, die ein ERP für den Kunden im Rahmen eines Beratungsprojekts anpassen. Diese Schiene werden wir auch weiterhin brauchen. Auf der anderen Seite sind wir verstärkt auf der Suche nach Partnern, die sozusagen „born in the Cloud“ sind. Mit unserem „Cloud Choice“-Programm verdienen diese Partner am Subscription-Modell mit.
Welche Ziele haben Sie für 2017/18?
Die Konjunkturdaten in Österreich zeigen nach oben, die Unternehmen investieren wieder. Für uns als SAP kann das folglich nur bedeuten, dass wir stark wachsen wollen. Interessanterweise gelingt uns das sowohl was On-premise betrifft, als auch im Cloud-Geschäft. Beim klassischen Geschäft wachsen wir weiterhin im zweistelligen Bereich, bei der Cloud ist der Anspruch, das Geschäft jedes Jahr zu verdoppeln.–lh–