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Accenture-Gesundheitsstudie: Patienten wünschen sich digitale Gesundheitsleistungen.
„Die Patienten wünschen sich mehr digitale Gesundheitsleistungen. Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Das österreichische Gesundheitssystem befindet sich in einer guten Ausgangslage, muss aber rasch die digitale Transformation vorantreiben, um im internationalen Vergleich mithalten zu können“, erklärt Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich, bei der Präsentation der aktuellen Accenture-Gesundheitsstudie „Der Patient im Mittelpunkt“. „Wir haben mit dieser Studie die Patientenperspektive und die Patientenbedürfnisse erhoben, um direkt zu erfahren, welche digitalen Angebote die Österreicherinnen und Österreicher vom Gesundheitssystem erwarten und welche sie nutzen würden“, erläutert Zettel. Ziel ist es, so der Accenture-Österreich-Chef, das System „aus Sicht des Patienten zu sehen und für die Zukunft ihn in den Mittelpunkt zu rücken“.
60 Prozent der Befragten wünschen sich virtuelle Arzttermine außerhalb der üblichen Öffnungszeiten, nach 18 Uhr oder an den Wochenenden. 57 Prozent der Patientinnen und Patienten können sich virtuelle Befundbesprechungen vorstellen. Mit 74 Prozent nennt die Mehrheit kürzere Wartezeiten als den wichtigsten Vorteil von virtuellen Arztterminen. „Wir sehen in der Studie deutlich, dass es eine hohe Bereitschaft für virtuelle Leistungen gibt. Befundbesprechungen, Unterstützung bei chronischen Krankheiten, Erinnerung an Medikamente und Arzttermine außerhalb der gängigen Öffnungszeiten sind jene Bereiche, die vielfach genannt wurden“, erklärt Philipp Krabb, der Studien-Projektleiter von Accenture Österreich. Krabb ergänzt: „Gleichzeitig besteht eine geringe Bereitschaft für virtuelle Leistungen bei der jährlichen Vorsorgeuntersuchung, bei psychologischer Beratung, der Erfassung von Gesundheitsdaten und der Nachsorge nach Krankenhausaufenthalten.“
„Wir sehen in der Studie, dass die digitale Affinität bei allen Altersgruppen im Steigen ist. Heute nutzen 46 Prozent Wearables, 2020 waren es nur 39 Prozent. Wir erkennen auch hier den Digitalisierungsschub, den die Corona-Pandemie ausgelöst hat“, sagt Krabb. Dennoch werden heute 89 Prozent der Arzttermine vor Ort oder telefonisch vereinbart und nur 4 Prozent auf digitalem Weg. 65 Prozent der Befragten kennen keine Gesundheitsapps bzw. nutzen diese nicht. „Das sind zwei Werte, die zeigen, dass der Digitalisierungsgrad im österreichischen Gesundheitswesen gering ist“, erläutert Josef El-Rayes, Research Lead Accenture Österreich, die Studienergebnisse.
Das österreichische Gesundheitssystem hat einen vergleichsweise hohen Mitteleinsatz. 10,4 Prozent des BIP entfallen heute auf Gesundheitsausgaben. Im EU-Schnitt sind es 8,5 Prozent. „Österreich hat ein komplexes und wenig effizientes System mit vielen Insellösungen. Im E-Health-Index liegt Österreich mit einem Wert von 59 im Mittelfeld, weit abgeschlagen von Ländern wie Estland (81,9), Dänemark (72,5) und Spanien (71,4)“, betont El-Rayes. In Estland sind sämtliche Dienstleistungen und Anbieter an ein System angebunden. „E-Estonia hat eine standardisierte Lösung für den Informationsaustausch aller Gesundheitsdienstleister“, erzählt El-Rayes. In Dänemark gibt es mit sunded.dk die erste vollausgebaute E-Health-Plattform in Europa. Hier sind sämtliche Krankenhäuser, Ordinationen und Apotheken angebunden. Über die Plattform werden Terminbuchungen, Medikamentenverschreibungen, Behandlungsdetails, Patientenverfügungen und vieles mehr abgewickelt. „Mit der Digitalisierung können wir die Systemgrenzen aufheben und einen klaren Patientenfokus herstellen“, so El-Rayes.
Teresa Herold, Gesundheitsexpertin bei Accenture Österreich, sieht die Gesundheitsplattform als Vision für das österreichische Gesundheitswesen: „Eine Gesundheitsplattform für Österreich fasst alle Gesundheitsleistungen an einem Ort zusammen, und diese sind mit einem Klick 24/7 verfügbar. Ein Single Point of Access steht für ein Gesundheitsmanagement über alle Stationen hinweg. Gemäß einem One-Stop-Shop sind alle relevanten Angebote transparent an einer Stelle zu finden.“ Die Plattform begleitet und leitet durch die gesamte Patienten-Journey – von Präventionsangeboten über Arztbesuche, Behandlungen, Medikamenten-Management, Nachsorge und Verrechnung. „Diese ganzheitliche Lösung bietet Vorteile für alle Stakeholder: Gesundheitsdienstleister, öffentliche und private Versicherer und die Patientinnen und Patienten“, unterstreicht Herold.
Eine digitale Gesundheitsplattform bietet nicht nur Nutzen-, sondern auch Kostenvorteile. „Die gesamtwirtschaftlichen Potenziale für die Verwaltung und die Wirtschaft sind enorm. Insgesamt können bis zu 2 % des BIP an Kosten im Gesundheitssystem eingespart werden. Eine Gesundheitsplattform kann wesentlich dazu beitragen. Allein durch Video-Konsultationen, E-Medikation und digitale Terminvergaben können 1 Mio. Arbeitsstunden eingespart werden. Das ist hinsichtlich der angespannten Situation im medizinischen Bereich eine Entlastung, die es dringend braucht“, erklärt Zettel abschließend.