Anforderungen an Zahlungsdienstleister im Multichannel-Handel erklärt Michael Hülsiggensen
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Mobile-Payment: Bisher fehlen einheitliche Standards und Verfahren, um den flächendeckenden Einsatz zu ermöglichen
Mit der stetig steigenden Anzahl mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets sind Themen wie Mobile Marketing, Mobile Commerce und Mobile Payment seit einiger Zeit Dauerbrenner. Nach wie vor finden diese Trends jedoch vor allem in den entsprechenden Fachmedien statt und bestimmen nicht das tatsächliche Verhalten der Verbraucher. Das gilt insbesondere für das Thema Mobile Payment.
Dabei wird oft übersehen: Genaugenommen gibt es gar kein Mobile Payment. Denn die Zahlungsprozesse, die im Hintergrund ablaufen, sind immer die gleichen – auf Anweisung wird Geld von einem Konto auf ein anderes Konto transferiert, ganz egal, ob die Anweisung via Lastschrift, Überweisung, EC- oder Kreditkarte oder aber per Bestätigung eines App-Buttons getätigt wird. Im Grunde ändert sich an den Payment-Prozessen also nichts – sie werden lediglich für mobile Devices aufgebaut. Wenn von Mobile Payment die Rede ist, geht es daher also weniger um „mobiles“ Bezahlen als vielmehr um die bargeldlose Bezahlung mittels Mobilgeräten, in der Regel Smartphones.
Viele unterschiedliche Versuchsprojekte, mangelnde Standards.
Dass Mobile Payment in diesem Sinne noch weit davon entfernt ist, eine signifikante Rolle zu spielen, liegt vor allem daran, dass es bisher keine einheitlichen Standards und Verfahren gibt. Stattdessen experimentieren Zahlungsdienstleiter, Telekommunikationsanbieter, Hersteller von mobilen Endgeräten, Händler und Dienstleister mit unterschiedlichen Technologien, eigenen Apps und Verfahren. Hier müssen QR-Codes aus einer speziellen App heraus gescannt oder mTANs erzeugt werden, dort bedarf es eines speziellen Chips – etwa um NFC (Near Field Communication) nutzen zu können – oder gar eines herstellerspezifischen Geräts, z.B. von Apple für die Bluetooth-Anwendung iBeacon. Diese parallel laufenden Entwicklungen verzögern den flächendeckenden Einsatz von Mobile Payment. Und letztendlich stellen sich die unterschiedlichen Anbieter damit selbst ein Bein – denn früher oder später wird sich der Markt ohnehin konsolidieren und von einigen wenigen Standards und Verfahren bestimmt werden.
Hohe Investitionen schrecken Händler ab.
Entscheidend dafür, welche Technologie sich im Bereich Mobile Payment durchsetzen wird, werden nicht nur Anwenderfreundlichkeit und Sicherheitsaspekte sein, sondern auch die erforderlichen Investitionskosten für Händler. Schließlich bedeutet die flächendeckende Um- bzw. Aufrüstung von Kassen am Point of Sale mit entsprechender Hard- und Software enormen Aufwand. Abgesehen von der Funktionalität hat hier also das Verfahren die besten Chancen, das mit den geringsten Investitionskosten für die Anpassung der Infrastruktur auskommen wird.
Multichannel-Handel erfordert unterschiedlichste Zahlungsoptionen.
Welche Technologien letztendlich für bestimmte Zahlsituationen die größte Verbreitung finden werden: sowohl Endgeräte-Hersteller als auch Zahlungsdienstleister sollten zunächst möglichst viele Zahlverfahren abbilden können. Für Händler kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Je mehr die Grenzen zwischen stationärem und Online-Handel verschwimmen, desto weniger sind Kunden bereit, channelspezifische Einschränkungen beim Bezahlen zu akzeptieren. Warum kann ich online per Rechnung zahlen, aber im Geschäft vor Ort nicht? Wieso kann ich den Rabatt-Coupon aus dem Werbeprospekt nur im Laden einlösen, aber nicht, wenn ich zuvor im Internet per Click-and-Collect bestellt habe?
Ein einheitliches Einkaufserlebnis mit konsistenten Bezahlmöglichkeiten, egal welcher Kanal genutzt wird, ist in Zukunft unverzichtbar, wenn Händler ihre Kunden langfristig binden möchten. Dabei spielt nicht zuletzt die Bandbreite der angebotenen Zahlungsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle, wobei die Präferenzen in puncto Zahlarten sich von Land zu Land unterscheiden. Händler, die international tätig sind, müssen die lokalen Bezahlgewohnheiten berücksichtigen, wenn sie grenzüberschreitend erfolgreich sein wollen.
Den richtigen Payment Service Provider wählen.
Vor diesem Hintergrund wird die Wahl des richtigen Payment Service Providers (PSP) für Händler immer wichtiger. Denn mehr als 40 Prozent der Online-Käufer würden laut einer Umfrage des Payment Service Provider Worldpay mehr Geld ausgeben, wenn Shops eine größere Auswahl an Bezahlsystemen anböten. Angesichts der bereits erwähnten zunehmenden Erwartungshaltung von Kunden an einheitliche Einkaufserlebnisse über alle Kanäle hinweg, gilt die Nachfrage nach einem breit gefächerten Angebot an Zahlmöglichkeiten nicht nur für Onlineshops, sondern auch für den Point of Sale. Mobile Payment wird dabei lediglich eine von mehreren zukünftig erwarteten Optionen sein. Händler sollten daher einen PSP als Partner wählen, der international ein möglichst breites Spektrum unterschiedlicher alternativer Zahlarten anbietet und idealerweise auch weitere Finanzdienstleistungen offeriert, etwa Prepaid- und Gutscheinkarten, oder – im Hinblick auf Mobile Payment – individuell gestaltete NFC-Produkte wie Aufkleber, Schlüsselanhänger etc.
Der Autor Michael Hülsiggensen ist Director Business Development bei PPRO und stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Digital Commerce im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.