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Alpbach heuer neu. Die 77. Ausgabe des Forum Alpbach kehrte zurück zur Vor-Corona Zeit: Auf digitale Übertragung und Teilnehmer wurde verzichtet, das Forum dafür auf nur zwei Wochen eingekürzt (22. August bis 2. September). Renommierte Formate wie die Wirtschafts- oder Gesundheitsgespräche gab es nicht mehr. von Christine Wahlmüller.
Foto: Christine Wahlmüller-Schiller
Tiroler Flair gepaart mit Europa-Gedanken: Der Krisenmodus vereint und zwingt beim Forum Alpbach zum gemeinsamen Nachdenken über die Zukunft Europas
Von Corona Maßnahmen keine Spur, das Tiroler Forum Alpbach präsentierte sich wie eh und je. Und doch auch wieder nicht: Denn statt renommierten Formaten wie Wirtschafts-, Gesundheits-, Rechts- oder Finanz-Gesprächen gab es heuer nur die Conference-Week und die Lab-Week – zwischendrin wurden die EFA-Tec Gespräche (von 25. bis 27.8.) eingebettet, die wie gewohnt vom AIT (Austrian Institute of Technology) in Kooperation mit Ö1 organisiert wurden. So fand zumindest die Technologie- und Science Community ihr gewohntes Alpbach Szenario vor. Der Politik-Faktor war wie üblich hoch: So war beinahe die gesamte Bundesregierung vor Ort. Der bei der Eröffnung eingeplante Bundespräsident Alexander Van-der-Bellen musste kurzfristig absagen, er hatte sich bei einer Bergwanderung verletzt. Dafür versammelten sich viele hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im kleinen Tiroler Bergdorf – aber auch rund 400 Studenten aus ganz Europa, die via Stipendium kostenlos zwei Wochen am Forum teilnehmen konnten.
Beim Forum Opening gab Alpbach Präsident Andreas Treichl einerseits einen historischen Rückblick („Alpbach wurde 1945 gleich nach dem Weltkrieg begründet“) und gedachte dabei an den ehemaligen Forums-Präsidenten Erhard Busek (ÖVP, gestorben 13.03.2022). Treichl gab vier thematische Säulen für das diesjährige Forum vor: „Das sind die vier große Herausforderungen für Europas Zukunft: Klimawandel, Sicherheit, Finanzierung sowie die Zukunft der Demokratie". In der Praxis der Panels & zahlreichen Sessions standen die aktuelle Situation in der Ukraine (Kanzler Karl Nehammer: „Die Sanktionen bleiben aufrecht“) und die Energie-Krise vielfach im Vordergrund. Gleichzeitig war das Thema Daten & Digitalisierung omnipräsent – inklusive Digitalisierungs-Staatssekretär Florian Tursky. IT und Daten waren auch bei WKÖ Präsident Harald Mahrer ein Thema, der bei einem Workshop im Böglerhof die „Austrian Innovation Map“ präsentierte – und mit Apeleon (entwickelt elektrisch betriebene Flugobjekte, halb Flugzeug, halb Helikopter) und Lithoz (Führender Spezialist für Keramik 3D Druck) auch zwei heimische „Innovations-Pioniere“ selbst anschaulich ihre Unternehmen und Produkte präsentieren ließ.
Für Aufruhr bei den Alpbacher Tec-Gesprächen sorgte Sepp Hochreiter, Leiter des Instituts für Machine Learning an der Uni in Linz und weltweit anerkannter Forscher für Künstliche Intelligenz (KI). Während zuvor Rebecca Reisch das deutsche Forschungscenter für KI, das „Cyber Valley“ in Tübingen, präsentierte (Vor fünf Jahren bereits gegründet und mit derzeit an die 1000 Forschern das größte KI Forschungskonsortium in Europa. Seit Juni ist Reisch Geschäftsführerin) und Alexander Ilic das AI Center der ETH Zürich stolz vorstellte (Vor zwei Jahren von Ilic mitbegründet. Von allen 16 Departments der ETH sind Wissenschaftler mit dabei, aktuell rund 110 Professoren, 200 Postdocs und 1.400 PhD Studenten) – machte Hochreiter seinem Unmut Luft: „Hier in Österreich ist ja leider nichts los. Ich würde am liebsten Alex und Rebecca fragen, ob sie mich nicht mitnehmen.“ Die beim Panel dabei sitzenden Manager von Voest und AVL fragte er: „Warum macht ihr nichts?“ und die im Publikum sitzende Infineon-Chefin Sabine Herlitschka bekam zu hören: „Qualcomm hat Infineon in Sachen KI ja schon abgehängt“. Hochreiter weiter: „Auch Amsterdam ist KI Hochburg, es ist unglaublich, was da abgeht, es gibt dort 200 Firmen, die KI Labs fördern.“ Nur Österreich bleibe beim Thema Künstliche Intelligenz im Moment total zurück. Hochreiters Forderung; „Wir brauchen in Österreich auch so ein Center, wie es das in Tübingen und Zürich gibt.“ Was (noch) hoffen lässt, wie auch Hochreiter betonte: Österreich hat tolle Forscher und Startups im KI-Bereich. Dem Thema „KI in der Praxis“ ist übrigens auch das diesjährige Alpbach-Jahrbuch gewidmet, das vom AIT herausgegeben wird – mit Interviews, Debatte zu Ethik und Regulierung sowie der Darstellung von zahlreichen KI-Anwendungs-Beispielen, von nützlichen Tools für den Alltag und autonomen Maschinen bis hin zu Medizin und Stadtplanung.