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Der österreichische Metallverarbeiter Schweiger Fulpmes setzt bereits seit längerem Betriebs- und Maschinendatenerfassung ein, um schnell und flexibel auf Abweichungen in der Fertigung reagieren zu können. Doch erst mit der Implementation eines Manufacturing Execution System (MES) klappt der reibungslose Datenaustausch zwischen Shopfloor und ERP.
Foto: Schweiger Fulpmes Schweiger Fulpmes bietet ein breites Produktportfolio mit hoher Fertigungstiefe. Maschinen- und Betriebsdatenerfassung ist daher die Voraussetzung, um auf Veränderungen in der Fertigung reagieren können. Schweiger Fulpmes entwickelt und produziert Seilklemmen für Skilifte und Seilbahnen, Motoren- und Getriebeteile für Sportmotorräder und Maschinenbauteile für die Reaktionstechnik. Darüber hinaus zählen auch Stahl- und Aluminiumkarabiner, Gurtschnallen für den Bergsport und die Sicherheitstechnik sowie Werkzeuge für Holzshredderanlagen zum Produktportfolio. Das österreichische Familienunternehmen aus Fulpmes im Stubaital versteht sich dabei als One-Stop-Shop für sämtliche Prozesse von der Produkt- und Prozessentwicklung über die Schmiede und CNC-Bearbeitung bis hin zur Oberflächenbehandlung.
Diese Fertigungstiefe gepaart mit der Produktvielfalt setzt eine moderne Maschinen- und Betriebsdatenerfassung (MDE/BDE) voraus, erklärt Andreas Mussack, Leiter Konstruktion & Entwicklung bei dem Metallverarbeiter: „Wir produzieren keine Massenware. Daher müssen wir sehr flexibel und vor allem schnell auf Veränderungen in der Fertigung reagieren können.“
Das Unternehmen hat die Enterprise Resource Planning (ERP)-Lösung des Anbieters abas im Einsatz. „Damit eröffneten sich uns bereits viele Möglichkeiten in Richtung Industrie 4.0“, sagt Andreas Mussack. Da die Software keine Erfassung von Maschinendaten bietet, mussten die Werker die Daten zu Nutzgraden, Laufzeiten Stückzahlen, etc. manuell erfassen. Diese wurden anschließend noch einmal manuell übertragen, damit sie für eine Auswertung zentralisiert vorliegen.
Dieser Prozess war langwierig und fehleranfällig, erinnert sich Mussack. Zudem war ein schnelles Reagieren auf Störungen oder Stillstände kaum möglich. Hinzu kommt, dass viele Maschinenhersteller ein eigenes MDE/BDE-System für seine Maschinensteuerung bereithält, diese Systeme untereinander aber inkompatibel sind, sodass es für Schweiger Fulpmes auch nicht infrage kam, eines dieser Datenerfassungssysteme zu nutzen. „Wir haben daher nach einer Software gesucht, mit der wir alle Maschinensteuerungen anbinden können“, so der Konstruktions- und Entwicklungsleiter.
Schweiger Fulpmes suchte nach einer Möglichkeit, die MDE/BDE mithilfe eines MES zu digitalisieren. Das Unternehmen wollte die Auswirkungen konkreter Eingriffe in die Produktionsprozesse schneller erkennen, indem bei der Analyse solcher Eingriffe aktuelle Betriebs- und Maschinendaten bereits integriert sind. Deshalb sollten diese Daten auch in Echtzeit vorliegen.
Der Betrieb hat sich nach der Evaluation mehrerer Lösungen schließlich für bisoftMES von gbo datacomp entschieden. „Die Software deckt bereits mit ihren Standardfunktionalitäten einen Großteil unserer Anforderungen ab“, erklärt Mussack die Entscheidung. Darüber hinaus war dem Konstruktions- und Entwicklungsleiter auch die Flexibilität und Zukunftsfähigkeit des MES wichtig. „Integrierte Schnittstellen wie OPC UA oder MTConnect sowie die technische Unterstützung durch gbo datacomp haben dafür gesorgt, dass wir unsere Maschinen schnell anbinden konnten“, sagt Mussack. Schließlich waren auch die Softwarekosten ausschlaggebend. „bisoftMES ist keine aufgeblähte Software, bei der wir für Funktionen bezahlen, die wir nie benötigen werden“, so der Konstruktions- und Entwicklungsleiter.
Nach einigen Tests, bei denen bereits erste Optimierungspotenziale sichtbar wurden, ging das Projektteam gemeinsam mit den Spezialisten von gbo die Dreh-, Fräs- und Schleifbereiche in der Fertigung durch, um diejenigen zu identifizieren, bei denen der Einsatz des MES die größten Vorteile bietet. So wurde die Lösung sukzessive in die Fertigung integriert.
Betriebs- und Maschinendaten werden nun bei Schweiger Fulpmes digitalisiert und automatisiert zwischen der ERP-Software abas und dem Shopfloor ausgetauscht. Dabei fungiert bisoftMES als Datendrehkreuz. Das MES sammelt die Daten, verdichtet sie und visualisiert sie als Kennzahlen zum Beispiel für die Fertigungsplanung oder über Dashboards in der Produktionshalle. Herzstück ist dabei die Schnittstelle zu abas. „Nachdem wir definiert hatten, welche Daten von und zum ERP kommuniziert werden müssen, hat gbo die Schnittstelle programmiert und seitdem läuft alles einwandfrei“, resümiert Mussack. Anstatt permanent sämtliche erfassten Daten zu übermitteln, werden auf Basis von Meldeintervallen zwischen abas und bisoftMES lediglich aktuelle Maschinen- und Betriebsdaten übermittelt. Bei der Schnittstelle wurde auf eine REST-Schnittstelle zurückgegriffen, wodurch eine flexible Anpassung der zu übertagenden Daten sichergestellt ist.
Im Rahmen des Digitalisierungsprojekts ist es Schweiger Fulpmes gelungen, die Transparenz in Produktionsprozessen zu erhöhen. „Wir erhalten nun direkt aus den Maschinen exakt die Daten, die wir benötigen“, erklärt Mussack. Dadurch konnte das Unternehmen die Gesamtanlageneffektivität steigern, da Stillstände besser ausgewertet und vermieden werden können. So entstanden etwa an einer CNC-Bearbeitungsmaschine immer wieder für ein paar Sekunden Stillstände, die zwar über die vorherige Maschinendatenerfassung erkannt wurden, aber deren Ursachen unklar blieben. Es stellte sich heraus, dass die Bearbeitungsachsen warteten, bis ein Bauteil auf dem Teller platziert wurde, anstatt sich schon vorher in die korrekte Position zu begeben. Mit einer Änderung an der Programmierung erfolgt dieser Schritt nun während der Platzierung des Bauteils.
Darüber hinaus ist es dem Metallverarbeitungsbetrieb gelungen, die Laufzeiten der Maschinen und Anlagen in der dritten, mannlosen Schicht zu erhöhen. Hier kam es zum Beispiel immer wieder vor, dass Ablageteller in Bearbeitungsmaschinen falsche Angaben zu den auf ihnen abgelegten Bauteilen signalisierten. „bisoftMES hat das Problem behoben. Allein schon, weil wir die Daten nun übersichtlich als Kennzahlen auf dem Terminal sehen, können wir schneller reagieren“, ergänzt Mussack. „Schließlich stehen viele unserer Werker nicht direkt an der Maschine, sondern bedienen diese von einem digitalen Programmierplatz aus.“
Schweiger Fulpmes setzt bisoftMES mittlerweile in seinen zwei Werkshallen ein. Die Lösung liefert laut Andreas Mussak sehr detaillierten Kennzahlen. Diese will der Entwicklungsleiter nutzen, um etwa die Leistungsentwicklung von Werkzeugen zu ermitteln und damit die Fertigungsplanung in Richtung Predictive Maintenance weiterzuentwickeln. Mussack kann sich zudem gut vorstellen, in Zukunft allen Werkern die benötigten Fertigungsdaten digital zur Verfügung zu stellen, um auf Arbeitsunterweisungen in Papierformat verzichten zu können.