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Das iOS 15-Update erschwert das Tracking und die Auswertung von Mail-Kampagnen. Was es im E-Mail-Marketing zu beachten gilt, erklärt Hartmut Deiwick.
Foto: Löwenstark Hartmut Deiwick ist seit Februar 2020 CEO der Löwenstark Digital Group. Die Full-Service-Agentur entwickelt und betreut Online-Marketing-Kampagnen. Die Ankündigung und Umsetzung eines neuen Updates des Technologieriesen Apple sorgte vor einigen Monaten für Aufregung im Online-Marketing. Vor allem das E-Mail-Marketing, das bisher verhältnismäßig unberührt von Weiterentwicklungen geblieben war, sieht sich plötzlich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Verursacher dieser Aufregung ist das iOS 15 Update, das im Rahmen neuer Datenschutzbestimmungen eingeführt wurde und sich auf zahlreiche Maßnahmen und Funktionen des E-Mail-Marketings auswirkt. Doch was genau verändert sich mit dem Update? Welchen Einfluss hat es auf bisherige Maßnahmen und was sollte bei zukünftigen E-Mail-Kampagnen berücksichtigt werden?
Betroffen von dem Update sind alle Nutzer, die den E-Mail-Client unter iOS15 und MacOS 15 verwenden. Die Neuerungen sind ein Ergebnis der neuen Datenschutzbestimmungen und stehen seit September 2021 allen Usern mit updatefähigen Geräten zur Verfügung. Da nicht alle Apple-User betroffen sind, ist erst in einigen Jahren mit einer vollständigen Durchdringung zu rechnen. Das neue Feature wird nicht automatisch aktiviert. Die Erfahrungen vergangener Updates zeigen aber, dass eine Nutzung sehr wahrscheinlich ist.
Auswirkungen auf den E-Mail-Versand hat es vor allem deswegen, weil es das Tracking von E-Mail-Öffnungen unterbindet und so Auswertungen verfälscht. Der bessere Schutz der Privatsphäre geht somit mit weniger Datenmaterial zum Auswerten einher.
Wie viele Empfänger von dem Update betroffen sind, ist sehr stark von der Branche und dem Unternehmen abhängig. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 25 und 50 Prozent aller Empfänger ein iOS-Gerät nutzen. Hiervon verwenden rund 77 % den Apple Mail Client.
Bisher lief das Tracking von E-Mail-Öffnungen über die sogenannten Zählpixel. Hierbei handelt es sich um unsichtbare Bilder, die in eine E-Mail eingebunden werden. Durch das Öffnen einer Mail werden diese Bilder vom Server nachgeladen, sodass die Öffnungsrate getrackt werden kann.
Mit dem iOS 15 Update ändert sich dieses Verfahren. Medieninhalte wie der Zählpixel werden nun auf einem Proxy-Server bei Apple zwischengespeichert. Dies führt dazu, dass die Öffnungsrate von einem entsprechenden Apple-Gerät mit 100 % getrackt wird, da jeder Server-Abruf als Öffnung interpretiert wird. Inzwischen gibt es einige E-Mail-Programme, die einen Apple Proxy Zugriff erkennen. Aber auch hier wird das Ergebnis verfälscht, da in diesem Fall keine Öffnung getrackt wird und die Rate somit niedriger ausfällt.
Zusätzlich haben Apple-Nutzer die Möglichkeit, sowohl die IP-Adresse als auch die E-Mail-Adresse zu verbergen. Insgesamt wirkt sich das Update nicht nur auf das Tracking der Öffnungsrate aus, sondern beeinflusst auch die Versandzeitoptimierung, das Testen der Betreffzeilen oder Reaktivierungs-Kampagnen.
Da die Öffnungsrate nicht mehr verlässlich getrackt werden kann und es möglich ist, dass andere Anbieter Apple folgen, sollte ein neuer Fokus beim Tracking gesetzt werden.
Zielführend kann hierbei sein, KPIs zu wählen, die erst nach der Öffnung der E-Mail zum Tragen kommen. Um den Erfolg einer Kampagne weiter zu beurteilen, sollte die Aufmerksamkeit vermehrt auf Klickraten, Conversions oder dem Umsatz pro Empfänger liegen. Marketer, die mit Scoring-Werten arbeiten, sollten die Öffnung aus der Berechnung herausnehmen und dafür die Bewertung anderer Reaktionen erhöhen.
Auch A/B-Tests zur Optimierung der Betreffzeile sind nicht mehr belastbar. Hierbei wurden unterschiedliche Betreffzeilen an eine Testgruppe geschickt, um anhand der Öffnungsrate die beste Option zu wählen. Um hieraus auch in Zukunft Optimierungsmaßnahmen ableiten zu können, bleibt nur die deutliche Erhöhung der Testempfänger.
Im Bereich Marketing Automation wirkt sich das neue Feature ebenfalls deutlich aus, da bisherige Trigger nicht mehr funktionieren. Follow-Up-Mails mit passenden Inhalten können nicht mehr verlässlich versendet werden. Auch der Versand von Mails mit einer alternativen Betreffzeile bei nicht getätigter Öffnung erfolgt nicht mehr automatisch. Trigger können zukünftig aber an andere Reaktionen gekoppelt werden.
Bei der Versandzeitoptimierung wurde bisher der durchschnittliche Öffnungszeitpunkt zurate gezogen. Da zwischen dem Öffnungs- und Klickzeitpunkt in vielen Fällen ein zeitlicher Zusammenhang besteht, kann die beste Versandzeit anhand getätigter Klicks ermittelt werden.
Auch in Zukunft werden wichtige Tracking- und Optimierungsmaßnahmen möglich bleiben. Zielführend ist hierbei die Fokussierung auf weitere KPIs. Zudem sind auch die Anbieter von E-Mail-Technologien in der Pflicht, um die Differenzierung und Filterung bestimmter Clients zu ermöglichen.
Das Update bietet eine Chance zur Weiterentwicklung und einem noch stärkeren Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden. Kreativer Content, attraktive Designs und eine verbesserte Individualisierung gewinnen an Bedeutung.