Alle 14 Tage aktuelle News aus der IT-Szene >
Entscheidungs- und handlungsfähig bleiben trotz Unsicherheit: Gastbeitrag von Markus Hannen
Foto: pixabay Industrieunternehmen sind in der Coronakrise von speziellen Herausforderungen betroffen Am 16. März 2020, weniger als eine Woche, nachdem sie den Ausbruch von COVID-19 zur Pandemie erklärt hatte, kündigte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, dass sie mit der Internationalen Handelskammer (ICC) zusammenarbeiten wird, um die globale Geschäftswelt im Kampf gegen Corona zu mobilisieren.
„Unternehmen kommt eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Verbreitung von SARS-CoV-2 und die Auswirkungen der Pandemie auf Gesellschaft zu“, teilten die beiden Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung mit. Frühzeitiges, entschlossenes und effektives Handeln werde die kurzfristigen Risiken für die Beschäftigten und die langfristigen Kosten für die Wirtschaft verringern.
Viele Entscheider in der Wirtschaft, die sich der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und der Vermeidung von Kündigungen verschrieben haben, dürften diese Zusammenarbeit in einer Zeit großer Unsicherheit und angesichts ständig neuer Entwicklungen begrüßen. WHO und ICC planen, das 45 Millionen Unternehmen weltweit umfassende Netzwerk der ICC regelmäßig mit beratenden Informationen zu versorgen, um Führungskräfte bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Zudem wollen beide Organisationen durch regelmäßige Mitgliederbefragungen die Reaktion von Unternehmen in aller Welt auf die Pandemie ermitteln und dokumentieren.
Diese Maßnahmen setzen dort an, wo Entscheider laut einer Blitzumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) Beratungsbedarf haben. Verlässliche Gesundheitsinformationen und belastbare Zahlen stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste. 47 Prozent der mehr als 10.000 befragten Betriebe erwarten in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise Umsatzeinbrüche von 20 Prozent oder sogar mehr. Weitere 28 Prozent der Unternehmen geben an, derzeit noch keine Einschätzung zu ihrer Geschäftsentwicklung im Jahr 2020 abgeben zu können. Die Zahlen zeigten deutlich, wie stark die Corona-Krise die Wirtschaft in der Breite verunsichere, so DIHK-Präsident Eric Schweitzer.
Wie könnte es in den kommenden Wochen und Monaten speziell für Industrieunternehmen weitergehen? Ein Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes bisher zu spüren bekommen haben, erlauben vorsichtige Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen.
Zunächst waren die wirtschaftlichen Schocks hauptsächlich auf die Lieferkette bezogen. Im Januar und Februar führten Fabrikschließungen und lahmgelegte Containerhäfen in China, wo der Ausbruch begann, zu einem Einbruch der Exporte. Produzenten in anderen Teilen der Welt mussten lange Wartezeiten für dringend benötigte Teile und Materialien in Kauf nehmen. Inzwischen mehren sich zwar die Anzeichen, dass die Produktivität in China wieder zunimmt, doch Handelsexperten gehen davon aus, dass Verzögerungen und Engpässe die Industrie noch einige Zeit beschäftigen werden.
Die Auslandshandelskammer China (AHK Greater China) befragte im Februar knapp 600 Mitgliedsunternehmen nach Auswirkungen der (damals noch nicht zur Pandemie erklärten) Corona-Epidemie in China. Zwei Drittel der befragten Unternehmen waren in Deutschland, der Rest in anderen europäischen Ländern ansässig. 60 Prozent sahen ihre Geschäfte in erheblichem Umfang betroffen, weitere 30 Prozent sahen eine mittlere Auswirkung. 47 Prozent gaben an, vertraglich vereinbarte Lieferzeiten aufgrund von Unterbrechungen der Lieferkette nicht einhalten zu können. Besonders stark bekam die Automobilindustrie die Auswirkungen zu spüren. Hier berichteten sogar 60 Prozent von Produktionsverzögerungen aufgrund von Lieferengpässen. Viele der betroffenen Unternehmen haben keinen Backup-Plan, um das Ausbleiben von Waren aus China zu kompensieren. Hier könnten operative Veränderungen mit Hilfe neuer Technologien anstehen.
Im März schließlich, als klar wurde, dass das Virus sich längst unkontrolliert in Europa und den USA verbreitet hatte, traf die Krise diese Regionen mit voller Wucht. Diesseits und jenseits des Atlantiks ansässige Hersteller sahen sich nun zum Teil mit dem vollständigen Stillstand von Produktionsstätten konfrontiert. So waren zahlreiche führende Automobilhersteller gezwungen, ihre europäischen Fabriken zeitweise zu schließen, etwa Fiat Chrysler, Renault und Peugeot. Bei Volkswagen sollen wegen der Lieferprobleme und Absatzschwäche in der Corona-Krise rund 80.000 Beschäftigte in Deutschland in Kurzarbeit gehen. Als Grund nennt das Unternehmen die anhaltend sinkende Nachfrage nach Fahrzeugen und weiterhin bestehende Probleme in der Lieferkette.
Dafür waren zwar zum Teil nach wie vor ausbleibende oder verzögert eintreffende Teile aus China verantwortlich. Mehr und mehr legte aber auch der wirtschaftliche „Shutdown“ in weiten Teilen Europas den Betrieb lahm. Arbeiter befanden sich in häuslicher Quarantäne, zahlreiche Regierungen verhängten Ausgangsbeschränkungen oder -sperren. Mit dem schwer betroffenen Norditalien fiel ein wichtiges Industriezentrum praktisch aus.
Weiterhin erwarten viele Hersteller einen massiven Einbruch der Nachfrage, da Verbraucher aufgrund des praktisch zum Erliegen gekommenen öffentlichen Lebens und verkürzter Arbeitszeiten mit entsprechenden Einkommenseinbußen weniger konsumieren und ihre Ausgaben stark einschränken. Ökonomen beobachten die Situation in Europa und den USA mit Sorge und erkennen deutliche Anzeichen einer weltweiten Rezession. In den kommenden Monaten werden Hersteller deshalb die Nachfrage genau im Auge behalten und Produktionspläne entsprechend anpassen müssen.
Trotz dieser Auswirkungen und eher pessimistischer Prognosen für die nahe Zukunft können Unternehmen viel tun, um die Situation zu meistern – und sich für weitere, erst noch anstehende Herausforderungen zu wappnen.
„Erwarte das Unerwartete“ ist nicht erst seit der Zuspitzung der Corona-Krise eine unternehmerische Tugend. Gerade im verarbeitenden Gewerbe, wo sorgfältig ausgearbeitete Pläne etwa durch ein extremes Wetterereignis, einen Handelskrieg, einen Arbeitskampf oder einen Lieferantenkonkurs in kürzester Zeit hinfällig sein können, hängt der Unternehmenserfolg von jeher von der Weitsicht der Akteure ab. Moderne Technologien bieten Industrieunternehmen zahlreiche Möglichkeiten, schnell auf Herausforderungen zu reagieren, die in einer Krise auftreten können. Dazu zählen:
Hinweis: Während der Corona-Krise stellt PTC Vuforia Chalk der verarbeitenden Industrie weltweit kostenlos zur Verfügung. PTC will damit alle Organisationen unterstützen, durch geschlossene Büros und Fabriken entstehende Herausforderungen zu bewältigen.
Unsicherheit und Unbeständigkeit mögen im Moment groß sein. Für Unternehmen lohnt es sich jedoch, die bereits bestehenden Probleme anzugehen und auf im weiteren Verlauf der Krise noch auftretende bestmöglich vorbereitet zu sein.
Wie die Autoren eines kürzlich erschienenen Artikels in der Harvard Business Review betonen: „COVID-19 ist keine einmalige Herausforderung. Wir sollten die Möglichkeit weiterer Wellen der gegenwärtigen Epidemie und weitere Epidemien in der Zukunft einkalkulieren“.
Die Verfasser sehen aber auch positive Aspekte der Erfahrungen aus der aktuellen Reaktion: „Die Vorbereitung auf die nächste Krise (oder die nächste Phase der gegenwärtigen Krise) ist vermutlich viel effektiver als eine spontane Reaktion, die erst erfolgt, wenn die Krise bereits eingetreten ist.“
Der Autor Markus Hannen ist Vice President Go-To-Market bei PTC.