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Gastbeitrag: Die Digitalisierung des Einkaufs bringt gerade im Bereich der indirekten Bedarfe enorme Effizienzgewinne. Mit der digitalen Transformation der Beschaffungsprozesse werden darüber hinaus Veränderungen angestoßen, die weit in andere Unternehmensbereiche hineinwirken, weiß Patrick Weilerswist.
Foto: simple system Die digitale Abwicklung senkt die Kosten im Beschaffungsprozess nachhaltig Viele mittelständische Unternehmen pflegen sorgfältig ausgesuchte und langjährig gewachsene Lieferantenbeziehungen. Damit wird eine optimale Qualität bei gleichzeitig guten Einkaufskonditionen sichergestellt.
Häufig betrifft dies jedoch ausschließlich A- und B-Teile, während indirekte Bedarfe, wie C-Teile und Dienstleistungen, nur von untergeordneter Priorität sind – als scheinbar weniger relevanter Kostenblock. Doch diese Annahme kann sich schnell als Fehler erweisen. Die Einkaufspreise von Materialien und Services sind hier nur für einen Bruchteil der tatsächlichen Aufwendungen verantwortlich. Der weitaus größere Teil entfällt auf die Prozesskosten. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass dem Einkaufspreis von C-Teilen viermal höhere Ausgaben für die Abwicklung der Beschaffung gegenüberstehen.
Die hohen Prozesskosten bei indirekten Bedarfen resultieren unter anderem aus dem hohen Aufwand, der mit einer manuellen Abwicklung verbunden ist. Dies betrifft die Bedarfsanforderung genauso wie die Lieferantenauswahl einschließlich der Bestellung, den Wareneingang und nicht zuletzt die Rechnungsprüfung. Aus dem gleichen Grund stoßen gerade in wachsenden Unternehmen die Einkaufsabteilungen oftmals an Kapazitätsgrenzen – und vernachlässigen in der Folge wichtige strategische Aufgaben.
Einen bedeutenden Beitrag zur effizienteren Beschaffung leisten eProcurement-Lösungen, mit deren Hilfe sich Prozesse digitalisieren und automatisieren lassen. Zum Beispiel können mit Online-Katalogen, die auf einer Vorauswahl von Lieferanten und Produkten beruhen, Entscheidungen in die Fachabteilungen verlagert und Genehmigungsprozesse wesentlich vereinfacht werden.
Eine eProcurement-Lösung übermittelt Bestellungen ohne Medienbruch an die Lieferanten und Dienstleister. Bei einer Anbindung der Beschaffungsplattform an das eigene ERP-System fließen die Auftragsdaten zugleich über entsprechende Schnittstellen in das Warenwirtschaftssystem, beispielsweise von SAP, proALPHA oder Infor. Dadurch stehen Informationen in Echtzeit für strategische Entscheidungen zur Verfügung, aber auch für weitere Prozesse – etwa in der Buchhaltung, bei der sich der Aufwand für Rechnungsprüfung und -freigabe drastisch reduziert.
Darüber hinaus profitieren auch der Wareneingang und die gesamte Intralogistik von den elektronisch verfügbaren Daten. Der eigentliche Besteller wird wesentlich schneller ermittelt, inklusive der Frage, wohin die Waren transportiert werden sollen. Auch die Einbuchung neuer Warenbestände in die Lagerverwaltung verursacht in der digitalen und vernetzten Umgebung weniger Aufwand.
Foto: CHUTTERSNAP on Unsplash Je mehr Abteilungen und Prozesse einbezogen werden, umso größer sind die Vorteile, die sich aus der Digitalisierung der Beschaffung ziehen lassen Eine der wichtigsten Erfolgsregeln der digitalen Transformation lautet: Herkömmliche manuelle Prozesse nicht einfach 1:1 in der IT abbilden, sondern die Chancen der Digitalisierung nutzen. So werden Prozesse vordefiniert, die über weite Strecken kein oder nur noch wenig manuelles Eingreifen benötigen.
Generell werden hohe Effizienzgewinne erreicht, wenn der Automatisierungsgrad steigt, insbesondere, wenn technische Systeme datenbasiert eigene Entscheidungen treffen – das gilt auch für die Beschaffung.
Die Digitalisierung und Vernetzung von Einkaufsbereich und Lagerverwaltung ermöglicht die Reaktion, auf das Unterschreiten von Mindestmengen. Denn ein ungestörter Materialfluss muss auch auf Seiten von C-Teilen gewährleistet sein, um Arbeits- und Produktionsunterbrechungen zu vermeiden. Sonst können Schäden entstehen, die ein Vielfaches des Materialpreises betragen.
Ein Beispiel sind Warenausgabe-Automaten. Mit einer direkten Anbindung an die Plattform kann ein Leerlauf durch automatisch ausgelöste Nachbestellungen verhindert werden, wenn die Lagermenge unter eine bestimmte Grenze fällt. Ähnlich verhält es sich mit MRO-Gütern (Maintenance, Repair, Operations). Fehlende Ersatzteile und Verbrauchsartikel wie Filter, Schmierfett oder Dichtungsringe führen dazu, dass Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht durchgeführt werden können. Die Digitalisierung des Einkaufs trägt somit dazu bei, ungeplante Maschinenstillstände und Produktionsausfälle aufgrund mangelnder Versorgung mit C-Teilen zu verhindern.
Allein die Beschaffung indirekter Bedarfe zu digitalisieren und über eine eProcurement-Lösung zu steuern, ist eine lohnende Investition, die die Effizienz verbessert und der Einkaufsabteilung wieder mehr Freiheit zurückgibt, um sich mit den wichtigen strategischen Aufgaben zu befassen.
Doch dies ist nur ein erster Mosaikstein zur Digitalisierung des gesamten Unternehmens: Je mehr Abteilungen und Prozesse einbezogen werden, umso größer sind die Vorteile, die sich aus der Digitalisierung ziehen lassen. So beschränken sich die Veränderungen aus der Einführung einer eProcurement-Lösung nicht nur auf die Einkaufsabteilung. Die Verknüpfung mit dem ERP-System eröffnet weitere Chancen zu Prozessverbesserungen, die Kosten und Zeitaufwand auch an anderer Stelle reduzieren. Dazu zählen etwa Buchhaltung, Lagerverwaltung und die interne Logistik.
Der Autor Patrick Weilerswist ist Head of Business Development beim eProcurement-Spezialisten simple system.