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Frauen sind in der ICT-Branche nach wie vor unterrepräsentiert, vor allem in den informatischen Berufen, Mädchen in HTLs eher die Ausnahme. Das will eine neue Initiative ändern: WOMENinICT ging Mittwochabends im IBM Client Center an den Start. Initiator ist der VÖSI (Verband Österreichischer Software Industrie). Viele Frauen und einige Männer waren mit dabei.
Foto: VÖSI Das Logo von WOMENinICT Data Scientistin, IT-Consultant, IT-Projektleiterin, Cyber Security Expertin oder Pre-Sales Expertin – warum sollen Frauen eigentlich nicht in der ICT Branche arbeiten? „Da spricht eigentlich kein Grund dagegen, trotzdem sind Frauen in informatischen Berufen nach wie vor eher die Ausnahme. Wir können es uns aber nicht leisten, auf Frauen in der ICT-Branche zu verzichten“, betont VÖSI-Präsident Peter Lieber. Gerade angesichts des allseits beklagten Fachkräfte-Mangels in der Branche sieht Lieber ein „Riesen-Potenzial, daher ist für uns als VÖSI klar, dass wir uns dafür einsetzen müssen, Frauen für unsere Branche zu gewinnen und auch beim Thema Aus- und Weiterbildung aktiv anzusetzen.“
Mittwochabends wurde im Zuge des VÖSI Branchentalks die neue VÖSI Special Interest Group WOMENinICT im IBM Client Center gestartet. Als unabhängige Plattform lädt sie alle Frauen von VÖSI Mitgliedsunternehmen, alle Frauen aus der ICT-Branche, aber auch interessierte Männer ein, aktiv daran teilzuhaben. Die größten Ziele von WOMENinICT sind: das Thema Frauen in der ICT sichtbarer zu machen, mehr junge Frauen und Mädchen dazu zu begeistern, in der ICT Branche zu arbeiten und aufzuzeigen, wie viele tolle Job-Möglichkeiten Informations- und Kommunikations-Technologie Know-How (englisch: ICT) bietet: Bei HW- und SW-Unternehmen, bei IT-Systemhäusern, bei IT-Dienstleistern, in IT-Departments bei Unternehmen sowie in Wissenschaft & Forschung.
WOMENinICT wurde von sechs Frauen aus der Branche und für die Branche gegründet. Sie stellen mit unterschiedlichsten Ausbildungen und Zugängen selbst Role Models für die Vielfalt an Tätigkeitsbereichen in der ICT-Branche dar. Die Leitung der neuen VÖSI Special Interest Group (SIG) WOMENinICT liegt bei Christine Wahlmüller-Schiller, Geschäftsführerin von CWS Communications, IT-Fachjournalistin, Moderatorin und promovierte Kommunikations-Expertin, die bereits seit über 20 Jahren in der IT-Branche tätig ist. Sie leitet seit Jahren zudem IT-Expertengespräche sowie IT-Roundtables, derzeit für die IT-Zeitschriften Computerwelt und it&tbusiness. Die fünf weiteren Gründungsmitglieder von WOMENinICT sind ebenfalls Frauen aus der ICT-Branche mit unterschiedlichen Zugängen: Brigitte Rafael, promovierte Informatikerin, ist als Senior Certified IT Specialist und Executive Assistant von Patricia Neumann, Generaldirektorin von IBM Österreich, beschäftigt. Das Thema Frauen und ICT ist ihr seit vielen Jahren ein persönliches Anliegen. Bereits während ihres Studiums hat sie sich jahrelang für die Initiative „FiT“ (Frauen in die Technik) engagiert. „Frauen wird leider nach wie vor abgeraten, eine technische Studienrichtung zu wählen. Ich persönlich bin sehr froh, dass ich mich dafür entschieden habe und finde, alle Mädchen sollten die Möglichkeit haben, frei und ohne Beeinflussung ihre Zukunft gestalten zu können.“
Bettina Hainschink ist Wirtschaftsinformatikerin und geschäftsführende Gesellschafterin der CON.ECT Business-Akademie, einem IT-Ausbildungsinstitut und IT-Trend-Konferenzveranstalter. CON.ECT gilt heute auch als Netzwerkplattform für IT-Professionals. „In meiner Jugendzeit war ich oft bergsteigen und klettern – das erfordert Ausdauer und Mut. Genau diese Eigenschaften haben mir bei der Unternehmensgründung sehr geholfen“, stellt Hainschink fest.
Nach dem Studium an der WU Wien gründete Gerlinde Macho vor 20 Jahren MP2 IT-Solutions. Das IT-Unternehmen ist an drei Standorten in Österreich vertreten und bietet IT-Dienstleistungen, SW-Entwicklung, Web-Lösungen sowie IT-Beratung an. MP2 IT-Solutions hat sich als führender Anbieter für Software im medizinischen Umfeld in Österreich etabliert. Die gebürtige Schweizerin Salomé Wagner ist seit mehr als 15 Jahren im internationalen Umfeld auf Anwender- und Anbieterseite der IKT tätig. Seit 2012 begleitet sie als selbständige Beraterin IT-Unternehmen bei der Marketingkonzeption und -umsetzung u.a. für das IT-Unternehmen LieberLieber. Orsolya Nemeth arbeitet seit vielen Jahren als professionelle Trainerin im Bereich Business-SW-Lösungen. Seit 2017 ergänzt sie das Team von Sparx Systems sowie Sparx Services Central Europe als Beraterin und Trainerin in den Branchen Versicherung, IT-Security und Retail, wo sie dabei unterstützt, die IT-Unternehmensarchitektur von anspruchsvollen Kunden anhand von Modellierungssprachen aufzusetzen.
Die ICT-Branche ist nach wie vor männerdominiert. „Laut aktuellen Zahlen liegt etwa der Frauenanteil an Universitäten bei den Studenten über 50 Prozent, aber beim Informatik-Studium kommen wir seit Jahren nicht über 20 Prozent hinaus“, argumentiert Christine Wahlmüller-Schiller. Wir müssen daher vor allem auch im Bildungs- und Ausbildungsbereich ansetzen, ist den WOMENinICT Gründerinnen wichtig, „hier wollen wir alle Zielgruppen, die Schülerinnen, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern aber auch Bildungsberaterinnen und Berater ins Boot holen und informieren“, betont Wahlmüller-Schiller. Darüber hinaus müssen wir bereits sehr früh ansetzen und weg von typischen klassischen Rollenbildern und Vorurteilen (Computer-Nerds). Die ICT-Branche bietet viele spannende Jobs, viele neue Tätigkeitsbereiche entwickeln sich auch gerade – hier sind Frauen und Männer als Fachkräfte gefragt.
Pro Quartal wird es ab sofort mindestens ein WOMENinICT Meeting geben. Aus jedem der über 50 VÖSI-Mitglieder soll mindestens eine Frau an der neuen Special Interest Group WOMENinICT mitwirken. „Damit machen wir allein durch uns selbst das Thema bestmöglich sichtbar, wir stehen zudem gemeinsam für eine bunte Vielfalt, für Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch. Wir stehen auch als Ansprechstelle für aktuelle Fragen zur Verfügung“, betonen die sechs Gründungsmitglieder. Außerdem geht es darum, gezielt und nachhaltig Lobbying und PR-Arbeit zu leisten. Dazu gehört selbstverständlich, weibliche Role Models zu zeigen und mehr Awareness dafür zu schaffen, „dass es eigentlich 2020 selbstverständlich sein sollte, dass sowohl Männer als auch Frauen ICT-Jobs gut und kompetent ausüben können“, so das WOMENinICT-Team. Langfristig soll aus der Beschreibung von Role-Models auch eine ICT-Expertinnen-Datenbank aufgebaut werden. Wichtige Aufgabe wird es in Zukunft sein, Fakten, Zahlen und Daten zum Thema „Frauen und ICT“ sowohl im Berufsleben als auch in Bildung und Ausbildung zu sammeln und aufzubereiten.
Darüber hinaus geht es darum, sich mit bestehenden Netzwerken und Initiativen in der Praxis zu vernetzen, gut miteinander zu kooperieren und gemeinsame Aktivitäten zu setzen. Einige von ihnen waren beim Kick Off mit dabei: TheNewITGirls (Astrid Wieland), IKT Frauen Vernetzt (ADV, Brigitte Lutz), WomenandCode (Barbara Ondrisek), Coder Dojo Steyr (Maria Pernegger) sowie BLUE&MINT (Susana Prestel und Brigitte Rafael, IBM) präsentierten sich und ihre Aktivitäten.
Lebhaft diskutiert wurde beim Kick-Off auch von einem Panel zum Thema „Frauen Power JETZT“. Zu Wort kamen dabei Rassa Seyedi, Global Business Services und Industrial Sector Leader bei IBM Österreich und damit verantwortlich für ein Team von rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Brigitte Lutz, Data Governance Koordinatorin der Stadt Wien, Sanja Jovanovic, Cloud Solution Architektin bei Microsoft Österreich, Alexandra Mazak-Huemer, promovierte Informatikerin der TU Wien, Mitglied des Rats für Forschung und Technologie-Entwicklung und ab Mitte März Professorin für Digitalisierung und Tunnelbau an der Montanuni Leoben sowie als „Quotenmann“, Helmut Leopold, Leiter des Centers for Digital Safety and Security und Gender-Beauftragter des AIT. Fazit der Diskussion: Frauen sollten mehr Mut haben und sich trauen, ihren eigenen Weg zu gehen. Stichwort Bildung/Sozialisierung: Es muss frühzeitig, bereits im Kindergarten und in der Volksschule begonnen werden, um bei Mädchen Interesse für Technik und Naturwissenschaften zu wecken. Traurige Realität: Im Moment bewerben sich leider viel zu wenige Frauen bei ICT-Jobangeboten.