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Europas Anteil am globalen TMT-Markt ist in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch geschrumpft. Eine neue Studie von McKinsey & Company zeigt nun auf, wie die Region durch gezielte Maßnahmen bis zum Jahr 2030 rund 790 Milliarden US-Dollar an Wertschöpfung zurückgewinnen könnte. Im Zentrum stehen technologische Souveränität, Investitionen und strategische Partnerschaften.
Foto: McKinsey & Company
Martin Wrulich, Managing Partner von McKinsey Österreich
Nach Jahren der Stagnation und des schleichenden Bedeutungsverlusts am globalen Markt für Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT) rückt Europa wieder verstärkt in den Fokus wirtschaftlicher Zukunftsstrategien. Eine aktuelle Analyse von McKinsey & Company liefert fundierte Zahlen und Handlungsempfehlungen, um verlorenes Terrain gutzumachen. Die Studie prognostiziert ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von bis zu 790 Milliarden US-Dollar bis 2030 – vorausgesetzt, die Region investiert zielgerichtet, konsolidiert ihre Infrastrukturen und setzt auf technologische Souveränität.
Die Entwicklung der vergangenen 25 Jahre zeigt einen klaren Trend: Während der weltweite TMT-Markt auf mittlerweile 34 Billionen US-Dollar angewachsen ist, ist Europas Anteil massiv geschrumpft – von ursprünglich 30 auf nur noch 7 Prozent. Als zentrale Ursachen identifiziert die McKinsey-Studie strukturelle Hindernisse wie fragmentierte Märkte, einen Mangel an Kapital und hohe regulatorische Anforderungen.
Die Autoren der Studie sehen jedoch auch Signale für einen möglichen Kurswechsel. Besonders geopolitische Spannungen und veränderte Anforderungen an Datenschutz und Lieferkettenresilienz schaffen neue Dynamiken, die Europa nutzen könnte.
Ein zentraler Begriff in der Studie ist die technologische Souveränität. Sie wird zunehmend zur Voraussetzung für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Dabei geht es nicht nur um technologische Fähigkeiten, sondern auch um politische Unabhängigkeit in kritischen Infrastrukturbereichen.
„Europa war Vorreiter in Technologie, Medien und Telekommunikation und hat in den letzten 25 Jahren Marktanteil und Wertschöpfung an andere Regionen verloren. Die entgangene Wertschöpfung beträgt laut unseren Berechnungen 8 Billionen US-Dollar, als ersten Schritt könnten wir 790 Milliarden bis 2030 zurückgewinnen. Jetzt ist der Moment, den Abstand nicht nur aufzuholen, sondern in entscheidenden Technologiebereichen voranzugehen. Die Chancen sind da, doch es braucht Mut, Fokus und Geschwindigkeit“, sagt Martin Wrulich, Managing Partner von McKinsey Österreich.
Laut Studie sehen 85 Prozent der befragten Führungskräfte in Europa grundsätzlich die Chance, in den nächsten zehn Jahren eine Vorreiterrolle einzunehmen. Gleichzeitig glauben weniger als ein Viertel, dass Europa derzeit gut positioniert ist, um diese Chance tatsächlich zu nutzen.
Besonders vielversprechend sei das Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) und der nächsten Software-Generation. Hier könne allein durch gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie durch internationale strategische Zukäufe ein Wertschöpfungspotenzial von rund 310 Milliarden US-Dollar entstehen.
Die Studie hebt hervor, dass skalierbare, KI-gestützte Softwarelösungen maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beitragen könnten – vorausgesetzt, es gelingt, diese technologisch und wirtschaftlich in marktreife Geschäftsmodelle zu überführen.
Ein weiteres zentrales Feld ist die Cloud-Infrastruktur. Derzeit wird rund 70 Prozent des europäischen Cloud-Marktes von US-amerikanischen Anbietern dominiert. Die Studie sieht hier sowohl eine Abhängigkeit als auch eine strategische Schwäche.
Durch gezielte M&A-Aktivitäten und Investitionen in ein eigenständiges europäisches Cloud-Ökosystem könnten Unternehmen langfristig nicht nur Wertschöpfung im eigenen Markt halten, sondern auch neue Standards setzen. Für die kommenden Jahre prognostiziert McKinsey über 100 Übernahmen im Bereich Rechenzentren, insbesondere bei mittelgroßen Anbietern mit hohem Wachstumspotenzial.
Die Bedeutung von Konnektivität – etwa im Rahmen des 5G-Ausbaus – wird sowohl im B2B- als auch im B2C-Markt hervorgehoben. Netzbetreiber könnten durch verbesserte Effizienz und strategische Partnerschaften ein Wachstum zwischen 4 und 6 Prozent erzielen.
Auch im Medien- und Onlinehandel sieht die Studie großes Potenzial, etwa durch personalisierte Inhalte und datengestützte Vertriebsstrategien. Entscheidend sei, so McKinsey, die Fähigkeit, Konsumentenaufmerksamkeit in wirtschaftlichen Erfolg zu überführen – mithilfe von Technologie, aber auch durch innovative Geschäftsmodelle.
Nicht zuletzt kommt den Tech-Dienstleistern eine wichtige Rolle zu. Diese positionieren sich laut McKinsey zunehmend als strategische Enabler innerhalb des digitalen Ökosystems.
Wachstumspotenziale bestehen insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Software- und Cloud-Anbietern, die Spezialisierung auf einzelne Branchen und die Entwicklung integrierter, kundenorientierter Lösungen.
Die gesamte Studie finden Sie hier.