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Dietmar Winterleitner und Patrick Weilch aus dem österreichischen Management des Software-Partners COSMO im Gespräch.
Dietmar Winterleitner: Wir betreuen viele verschiedene Branchen, das hilft uns, den Einbruch abzufedern. Einige wenige Projekte wurden auf Eis gelegt, in Summe gehen aber 90 Prozent der Projekte weiter. Schwieriger wird es bei der Neukundenakquise, da fehlt der direkte Kontakt zum Kunden. Wir arbeiten aktuell remote via Videokonferenzen. Das klappt gut, wir sind – ebenso wie viele unserer Kunden – gut vorbereitet gewesen.
Winterleitner: Im ERP-Bereich sehen wir das eher nicht, da die Laufzeiten in dem Bereich sehr lange sind. Ich glaube aber, wenn der erste Krisenschock überwunden ist, werden viele Unternehmen das Thema Prozessdigitalisierung in Angriff nehmen. Beim Thema Modern Workplace – Stichwort Homeoffice – merken wir hingegen klar steigendes Interesse.
Patrick Weilch: Ich kann mir vorstellen, dass das Thema Migration in die Cloud nach der Krise stark angegangen wird. Sehr viele Unternehmen haben jetzt die Erfahrung gemacht, dass Cloud-Dienste deutlich besser funktionieren als ihr Ruf. Cloud-Projekte werden dadurch meiner Ansicht nach an Dynamik gewinnen. Es hängt natürlich auch viel davon ab, wie lange die Krise schlussendlich dauern wird und wie viel Budget vorhanden ist, aber die Verlässlichkeit der Cloud-Dienste war wohl für viele Unternehmen ein Augenöffner. Dazu kommt, dass Anbieter ihre Dienste aktuell teilweise kostenlos zur Verfügung stellen und so schon einen Fuß in der Türe haben.
Weilch: Mobile Businesssoftware spielt gerade eine große Rolle, besonders natürlich hinsichtlich des Spezialthemas Homeoffice. Aus CRM-Sicht geht es darum, den Kontakt zu den Kunden zu halten. Das ist im Augenblick ein Problem, es fehlt der direkte Kontakt. Wie kann ich meinen Mitarbeitern ermöglichen, den Markt zu bearbeiten, wenn ich im Homeoffice bin? Hier kommen uns Cloud-Konzepte entgegen. Wir liefern Lösungen im Bereich Online-Marketing für die digitale Marktbearbeitung. Wir müssen Lösungen liefern, die „berührungslose“ Marktbearbeitung ermöglichen, die ohne den direkten Kontakt zum Kunden funktionieren.
Ein weiterer Bereich ist der Customer Service, der jetzt auch nicht direkt zum Kunden kann. Hier bieten sich virtuelle Field Service Lösungen an, mit denen virtuelle Serviceeinsätze etwa via Smart Glasses oder ganz einfach mit dem Smartphone durchgeführt werden können.
Winterleitner: ERP-Systeme sind oft recht starr und hatten in der Vergangenheit mit Mobilität oft wenig am Hut. Als Microsoft-Partner gefällt uns die Strategie gut, dass sich Microsofts ERP Systeme Dynamics365SCM (Supply Chain Management) bzw BC (Business Central) auf ihre Kernfunktionen beschränken. Wenn Projekte danach verlangen, diese Funktionen nach außen zu tragen, setzen wir auf Microsoft Power Apps. Mit dieser Technologie ist es relativ einfach möglich, Daten aus dem ERP auf Devices wie Tablets oder Smartphones zu bearbeiten.
Weilch: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Grenzen zwischen ERP und CRM zusehends verschwimmen. Wir merken das auch in Gesprächen mit den Kunden. In der Microsoft-Welt haben beide Welten dasselbe Backend und der Benutzer merkt nicht, ob er sich im ERP oder CRM Teil befindet.
Winterleitner: Ich würde sogar so weit gehen, dass es die Unterscheidung zwischen CRM und ERP in der heutigen Form in zehn Jahren nicht mehr geben wird. Es geht in beiden Fällen um die Unterstützung von Unternehmensprozessen, das ist der zentrale Aspekt.
Winterleitner: Absolut richtig. Wir sehen, dass ERP-Systeme teilweise 15 und mehr Jahre im Einsatz sind. Die Unterstützung moderner Businessprozesse ist damit gar nicht oder nur mit extremem Aufwand möglich. Updates auf ein modernes System sind meistens ebenso ausgeschlossen, wir reden in diesen Fällen eigentlich immer von Neueinführungen, die mit entsprechendem Aufwand verbunden sind. Wir gehen hier den Weg, dass wir sogenannte „Evergreen-Lösungen“ anbieten. Das ist Software, in der der Kunde nicht mehr eingreifen kann. Customizing wird über sogenannte „Exit Points“ realisiert, an denen man mit Funktionalitäten – dazu zählen auch unsere eigenen Branchenlösungen – andocken kann. Der Softwarekern bleibt so immer auf dem neuesten Stand und das System ist trotzdem individualisierbar.
Natürlich ist es möglich, kleinere Funktionalitäten auch bei älteren Systemen zu ergänzen. Zu beachten ist: Finde ich für die Zukunft mit dem System noch das Auslangen? Es geht ja im Grunde nicht um diese oder jene kleine Funktion, es ändern sich ja die Geschäftsmodelle, und wenn sich diese im ERP-System nicht abbilden lassen, wird es schwierig, guten Gewissens beim alten System zu bleiben.
Wenn ich mich dazu entschließe, ein neues ERP-System zu evaluieren, ist es zentral, auch meine Geschäftsprozesse auf den Prüfstand zu stellen. Wenn ich die Prozesse gleich lasse, brauche ich keine neue Software.
Weilch: Die Cloud Migration mit der Plattform Azure. Wir sehen auch bei Kunden mit Altsystemen, die nicht den Schritt sofort in eine SaaS-Lösung gehen wollen, dass Azure aktuell ein sehr willkommener Zwischenschritt ist. Ich nehme meine ganzen bestehenden Lösungen und lasse sie in der Azure Cloud weiterlaufen und habe so sichergestellt, dass die Dinge rund um die Uhr laufen, ohne ein riesiges Cloud-Projekt zu haben.
Winterleitner: Sträflich vernachlässigt wird meiner Ansicht nach beim Thema ERP das Projektmanagement. Auch bei großen Projekten setzen sich immer mehr agile Szenarien durch. Durch agiles Vorgehen bekomme ich einerseits sehr zielgerichtet genau die Funktionalitäten, die die Nutzer wirklich brauchen. Andererseits ist es bei agilen Projekten schwieriger, Budget und Zeitrahmen von vornherein punktgenau zu fixieren. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit Mischformen gemacht, die Softwareprojekte sowohl möglichst effizient umsetzen, als auch so zielgerichtet wie möglich die Prozesse treffen, die beim Kunden vorherrschen. Projektmethodik ist mindestens genauso wichtig, wie die Technik, die dahinter steht.