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Willibald Kofler, Country Head von Strategy& Österreich, im Gespräch über die Rolle des Chief Data Officer.
Foto: Strategy& Willibald Kofler ist Country Head der Strategieberatung Strategy& Österreich it&t business: Warum sind CDO-Positionen zunehmend wichtig für den langfristigen Unternehmenserfolg?
Willibald Kofler: Über alle Industrien und Sektoren hinweg steigt die Bedeutung von Daten für Unternehmen. Dieser Trend beschleunigt sich aktuell – wir alle erfahren tagtäglich, wie die zunehmende Vernetzung, das „always-on“, unseren Alltag bestimmt. Das beginnt spätestens bei der Fahrt in die Arbeit in Form der Navigation, oder wenn wir plötzlich das gewünschte Produkt als Werbung am Handy sehen. Der Taktgeber hinter der Digitalisierung sind Daten. Aus Unternehmenssicht bietet dies viele Chancen, um Kunden zu erreichen, diese optimal zu bedienen oder gar mittels neuer Produkte ganz neue Kanäle und Kundengruppen zu erreichen. Im gleichen Maße steigt jedoch auch die Komplexität. Daher müssen sich Unternehmen der Frage stellen, wie der Wert von Daten möglichst zielgerichtet gehoben, wie die darunterliegende, stark wachsende Datenmenge verwaltet, und wie das alles im Lichte zunehmender ethischer und regulatorischer Standards umgesetzt werden kann.
Der CDO kann hier – vor allem wenn er mit ausreichenden Kompetenzen ausgestattet ist – ein wesentlicher Wegbereiter für eine effektive Datenstrategie sein. Eine typische Aufgabe eines solchen auf Vorstandsebene angesiedelten CDOs ist es etwa sicherzustellen, dass der CEO ein gutes Verständnis für die Bedeutung von Daten für das Unternehmen hat, beispielsweise wenn es gilt, Markttrends nicht zu verpassen oder eine neue Form des datengetriebenen Kundenverständnisses zu etablieren. In zunehmendem Maße ist eine Geschäftsstrategie ohne eine konsistente Datenstrategie kaum vorstellbar – auch dafür kann ein CDO eingesetzt werden. Außerdem beobachten wir, dass grundlegendes Know-How rund um Daten, deren Möglichkeiten, aber auch deren Gefahren, etwa in Form von „Data Breaches“ oder Imageschädigung, inzwischen für eine Vielzahl an Mitarbeitern eines Unternehmens wesentlich ist. Der strukturierte Aufbau von breitem Daten-Know-how zählt ebenso zu den weiteren Aufgaben eines CDO wie die Steuerung von üblicherweise kleineren Gruppen an „Data Scientists“, die daran arbeiten, die Profitabilität des Unternehmens durch datengetriebene Maßnahmen für Umsatzwachstum oder Effizienzsteigerungen zu erhöhen. Allein wegen der wachsenden Datenmengen wird auch eine strukturierte „Data Governance“ immer bedeutsamer. Damit sind all jene Aktivitäten gemeint, die sicherstellen, dass Daten in einem Unternehmen konsistent, rechtskonform und strukturiert gemanagt werden.
it&t business: Welche Branchen beschäftigen mit Abstand die meisten Datenexperten im Management?
Willibald Kofler: Auf globaler Ebene ist die Finanzindustrie führend in der Bestellung von CDOs in das Top-Management – 46% der Versicherungsunternehmen und 42% der weltgrößten Bankhäuser beschäftigen einen Datenstrategen auf Führungsebene. Dahinter folgt die Medien- und Entertainmentbranche (40%) und in etwas größerem Abstand Handelsunternehmen (29%). Ein ähnliches Bild ergibt sich in der EMEA-Region – hier folgen auf die Spitzenreiter der Versicherer (48%) Unternehmen aus Medien und Entertainment (44%) und die Banken (42%).
Foto: Strategy& Die Stelle des CDOs ist ein „transatlantisches“ Phänomen, vor allem in den USA ist diese Rolle stark ausgeprägt it&t business: Welche europäischen Länder sind Spitzenreiter?
Willibald Kofler: In Europa führt Frankreich das Feld mit den meisten Unternehmen mit einem CDO an (56%), gefolgt von der Schweiz (37%) und den Niederlanden (28%). In absoluten Zahlen verschiebt sich allerdings etwas die Relation: Unsere Studie identifiziert 272 Firmen mit CDO aus den USA, in Frankreich sind es allerdings „nur“ noch 37 Unternehmen. Doch angesichts der Tatsache, dass die Unternehmen nach Größe ausgewählt wurden, verwundert es hingegen weniger, dass US-amerikanische Unternehmen überproportional oft vorkommen. Im Übrigen ergibt sich sowohl im globalen als auch im europäischen Kontext eine Korrelation zwischen der Unternehmensgröße (gemessen am Umsatz) und der CDO-Durchdringung – je höher der Umsatz, desto höher die Wahrscheinlichkeit, einen CDO im Top-Management vorzufinden. Des Weiteren kann man über die letzten Jahre in Europa sowie auch international einen klaren Anstieg bei den CDO-Neuanstellungen registrieren, der teils im zwei- bis dreistelligen Prozentbereich im Vergleich zum Vorjahr liegt.
it&t business: Wie sieht es mit Diversity bei CDO-Posten aus?
Willibald Kofler: Der typische CDO ist zum größten Teil männlich (82%), und hat zu 66% einen Ausbildungshintergrund im Technologiebereich. Aus Diversitätsgesichtspunkten besteht hier also noch definitiv Aufholbedarf. Des Weiteren können die untersuchten CDOs zumeist auf über 20 Jahre Berufserfahrung zurückblicken und sitzen zu 83% im Firmen-Hauptquartier; die Hälfte aller CDOs besitzt einen MBA bzw. im deutschsprachigen Raum einen Doktortitel. Auf globaler Ebene stammen die CDOs etwas häufiger, auf europäischer Ebene etwas seltener von außerhalb ihres aktuellen Unternehmens – im Mittel ist es weltweit etwa die Hälfte, die als „Quereinsteiger“ die Rolle als Datenvorstand ausfüllt.
Foto: Strategy& Global gesehen hat die Finanzindustrie bei der Anstellung von CDOs die Nase vorn it&t business: Wie ist die Lage in österreichischen Unternehmen?
Willibald Kofler: Auch in Österreich schaffen Unternehmen dedizierte Vorstandspositionen mit Datenverantwortung. Die Relevanz von Daten steigt, und damit der Wunsch, diese Daten zielgerichtet in die Unternehmensprozesse zu integrieren, um neue Umsatzströme bzw. Kostensenkungen datenbasiert zu erzielen. Die Digitalisierung macht selbstverständlich auch hierzulande nicht halt, und die steigende Nutzung von KI-Technologien erfordert eine strukturierte Herangehensweise an das Datenmanagement.
it&t business: Welche Handlungsempfehlungen geben Sie für österreichische Unternehmen ab?
Willibald Kofler: Österreichische Unternehmen werden auch weiterhin das Thema Daten und deren Nutzung verstärkt in den Fokus nehmen müssen, gerade auch im internationalen Wettbewerb. Ein CDO kann hier als Katalysator für die Vielzahl an Aspekten dienen, um dieses komplexe Thema strukturiert angehen zu können. Nicht jedes Unternehmen wird hierzu gleich einen CDO auf Vorstandsebene installieren müssen. Aber eine Prüfung, welche Daten im Unternehmen heute und morgen relevant sind, wie mit diesen umgegangen und wie sie genutzt werden sollen, ist jedenfalls zu empfehlen. Außerdem ziehen auch zunehmend Investoren den Umgang mit Daten als wichtigen Faktor bei der Bewertung von Unternehmen heran.
Die Welt dreht sich immer schneller, und ein wachsames Auge auf die Chancen der Digitalisierung, und somit auch der zugrundeliegenden Daten, zu legen, ist für österreichische Unternehmen genauso relevant wie für ihre globalen Wettbewerber. Die Möglichkeiten in der „Data Economy“ sind schier unbegrenzt – ein guter CDO hilft dabei, diese Chancen zu identifizieren und sie zu nutzen.